Für mein Hausautomatisierungs-Projekt wollte ich schon immer einen Touchscreen im zentralen Wohnbereich an die Wand hängen, welcher sowohl den Status aller Verbraucher, aber auch Wetter, Google-Kalender, E-Mails etc. anzeigen oder zur schnellen Internet-Recherche genutzt werden kann.
Die Wahl fiel auf das Android-Tablet „Samsung Galaxy Tab 2 10.1 WiFi“. Dabei war es mir wichtig, dass das Gerät nicht für alle Zeiten fest an die Wand gedübelt bleibt, sondern z.B. für’s Sofa-Surfen auch problemlos wieder abgenommen werden kann. Außerdem sollte das Tablet bei Wandmontage geladen werden, aber bitte ohne sichtbare Kabel.
Und so schaut es aus:
Folgendes Material habe ich dazu verwendet:
Docking-Station Samsung EDD-D100
Widerstand 33kΩ + 10kΩ
4x Ringmagnet Ø 20,0 x 4,5 x 4,0 mm N42 Nickel – mit Senkung
5V Stromversorgung (in meinem Fall 24V->5V DC/DC Wandler)
Docking-Station öffnen
Die orignal Docking-Station von Samsung sieht schick aus und lässt sich mit etwas Bastelaufwand super an die Wand dübeln. Ich habe sie erst einmal aufgeschraubt und das Innenleben erkundet. Dazu müssen die Gummipuffer auf der Unterseite entfernt werden, dann kommen die Schrauben zum Vorschein. Der Rest des Gehäuses ist geclipst und kann mit dem Fingernagel aufgehebelt werden. Sind alle Nasen aufgeclipst hilft nur noch Gewalt. Das Oberteil des Gehäuses ist mit riesigen Streifen doppelseitigem Klebenband festgeklebt. Zwischen Ober- und Unterteil ist außerdem ein großes, der Gehäuseform nach gebogenes Stück Eisen, damit die Docking Station schon schwer wird. Das nutzen wir später für die feste Wandmontage.
Elektronik entfernen
Innen befinden sich hinten eine kleine Platine für die Anschlüsse und vorne eine Wippe wo sich der 30-pin Stecker fürs Tab befindet. Die beiden Pltinen sind mit einem FFC-Kabel verbunden. Das Kabel ist in die Buchsen auf der Platine nur eingeklipst. Wenn man den Verschluss des Steckers öffnet kann man das Flachkabel herausziehen. Ich habe die komplette Elektronik (Platine, Kabel, Steckerwippe) erst mal entfernt, so dass nur noch Ober-, Unterteil und Metallplatte übrig blieb.
Docking-Station absägen
Ober- und Unterteil habe ich dann wieder zusammengeschraubt und anschließend mit Stichsäge und Metallsägeblatt den hinteren Teil komplett abgeschnitten (den Knick bzw. Kurve stehen lassen), damit daraus eine Wandhalterung entsteht. Wenn ihr besseres Werkzeug habt um einen geraden Schnitt hinzubekommen, dann ist das natürlich zu bevorzugen. Achtet darauf, dass das ganze später möglichst Plan auf der Wand aufliegt. Lieber ein paar Millimeter mehr stehen lassen und das ganze dann mit Schleifpapier nachbearbeiten. Anschließend ist die Metallplatte dran. Diese kann etwas mehr gekürzt werden als die Plastikteile. In die Metallplatte habe ich dann Löcher für die Verschraubung an der Wand gebohrt und mit Kegelsenker entsprechend ausgespart. Das war der grobe Teil.
Umbau der Ladeelektronik
Die Dockingstation soll später ja lediglich das Tablet laden können, USB brauchen wir nicht, den Audio Line-Out auch nicht! Daher habe ich von der Elektrik die hintere Platine entfernt (Klemmstecker aufklappen, Flachkabel raus) und entsorgt. Übrig blieb der rechwinklig abgewinkelte 30pin-Stecker und das daran angelötete Flachbandkabel. Dann habe ich mich auf die Suche gemacht welche Leiterbahnen auf dem Kabel +5V und Masse führen und getestet ob das Tablet damit auflädt. Leider hat Samsung einen Mechanismus im Tablet der erkennt, ob ein Samsung Netzteil angeschlossen ist oder nur ein normales USB Kabel. Erkennen kann man das, wenn bei angeschlossenem USB-Kabel das Batterie-Symbol mit einem roten X durchkreuzt ist. Das bedeutet dann, dass das Tab max. 500mA (entsprechend der USB-Spezifikation) zieht. Für einen Dauerbetrieb reicht dies jedoch nicht aus, da das Tab ca. 1A benötigt um nicht entladen zu werden. Nach kurzer Recherche fand ich heraus, dass das Tab auf den USB-Datenleitungen data+ und data- je eine Spannung von 1,2V erwartet. Das ist für das Tab das Signal „Ich hänge an einem Origninal-Netzteil“ und damit wird das Tab in seiner Stromaufnahme nicht begrenzt und lädt mit bis zu 1,7A. Also müssen auf die beiden Datenleitungen noch irgendwie 1,2V eingespeist werden. Am einfachsten realisiert man dies mit einem Spannungsteiler mit 2 Widerständen mit 33k und 10k (siehe Kapitel „Stromversorgung“). Am Ende des Kabels sind die Kontakflächen für den Klemmstecker. Hier kann man ganz gut Kabel für die Stromversorgung anlöten. Rot ist an der +5V Leiterbahn angelötet, schwarz an Masse und gelb habe ich gleichzeitig mit data+ und data- verbunden. Als Kabel habe ich ein normales 4-adriges Telefonkabel (0,6mm²) verwendet.
Anbei ein Foto, das zeigt an welche Kontakte gelötet werden muss:
Stromversorgung + Montage an der Wand
Die unsichtbare Stromversorgung gestaltete sich in meinem Fall relativ einfach, da ich in der Wand bereits ein Leerrohr liegen hatte (Steckdose und Lichtschalter liegen vertikal auf einer Linie). Somit habe ich an der Stelle wo das Tablet montiert werden soll einfach durch blindes Bohren versucht das Leerrohr zu treffen und anschließend das Telefonkabel (das an der Dockingstation angelötet wurde) nach unten bis zum Lichtschalter durchgefädelt. Am Lichtschalter hatte ich 24V zur Verfügung und konnte so mittels einem 3A DC/DC-Wandler aus China (der perfekt in die UP-Dose hinter dem Lichtschalter passt) die benötigten 5V für die Dockingstation erzeugen.
Zusätzlich zu den 5V benötigen wir allerdings noch, wie oben schon erwähnt, 1,2V um der Ladelogik des Tables vorzugaukeln, dass es an einem original Samsung Netzteil hängt. Dazu habe ich mit einer 3er-Lüsterklemme und zwei Widerständen einen einfachen Spannungsteiler gebaut, der ebenfalls in der UP-Dose verschwand.
Das Unterteil der Dockingstation habe ich anschließend zusammen mit der Metallplatte an die Wand gedübelt und dabei das Kabel hinten dran verscheinden lassen. Hält bombenfest! Als letzter Schritt musste dann nur noch das Oberteil wieder aufgeclipst und von unten mit den 2 kleinen original Schrauben fixiert werden.
Damit wird das Tablet nun zwar geladen und ist unten durch die Dockingstation fest fixiert, läuft jedoch Gefahr nach vorne wegzukippen, da es exakt senkrecht auf der Halterung sitzt. Gelöst habe ich dieses Problem mit Neodym-Ringmagneten mit Senkung (für den Schraubenkopf), die ich ebenfalls an die Wand gedübelt habe. Ursprünglich hatte ich mir noch 2 selbstklebende, weiß lackierte Metallplättchen gekauft, welche ich auf die Rückseite des Tablets kleben wollte. Nachdem ich allerdings festgestellt habe, dass die Magnete auch ohne diese ganz gut am Tablet haften, habe ich mir das gespart. Zur genauen Positionierung der Magnete an der Wand legt diese zuerst auf die Rückseite des Tablets und sucht euch 2 Punkte wo die Magnete gut haften bleiben. Bei Tab 2 10.1 waren diese in der linken und rechten oberen Ecke, ich vermute mal, dass die dort auf der Vorderseite platzierten Lautsprecher die Ursache sind. Die gefundenen Positionen habe ich an die Wand übertragen, gebohrt und dort die Magnete befestigt. Ich habe je 2 übereinander befestigt, um zum einen den Abstand zu überbrücken und zum anderen die Haltekraft zu erhöhen.
Ziel erreicht! Eine schicke und schlichte Wandhalterung mit unsichtbarer Stromversorgung. Das Tablet kann jederzeit zum Sofa-Surfen mit einem Handgriff abgenommen werden, blieb dabei im Orignialzustand und passt so auch noch prima in die Original-Diary-Tasche.
Und weiter?
Die Entwicklung im Tablet Markt schreitet im rasanten Tempo voran. Ich gehe davon aus, dass die Marketing-Abteilungen der Tablet-Hersteller mich in spätestens 4 oder 5 Jahren davon überzeugt haben werden, dass ich ein neues Modell benötige 😉
Mitlerweile hat Samsung ja bereits den Nachfolger, das Galaxy Tab 3, vorgestellt. Leider verfügt dieses nicht mehr über den 30-Pin Connector sondern über einen Micro-USB Anschluss. Das wird Samsung vermutlich auch bei kommenden Modellen so beibehalten. Sollte ich also einmal ein anderes Tablet wollen, muss ich höchstwahrscheinlich wieder basteln…
Update:
Für die Galaxy Tab 3, Tab 4, TabPRO und Note-Modelle mit Micro-USB hat Samsung mittlerweile auch eine Docking-Station „EE-D100“ veröffentlich. Sie sieht optisch exakt gleich aus wie die von mir genutzte EDD-D100 für’s Tab 2, nur dass jetzt ein Micro-USB Stecker statt 30-Pin Connector oben raus schaut. Die Elektronik wird sicherlich etwas anders ausschauen, da ja nun kein dickes Flachbandkabel mehr benötigt wird sondern nur noch 4 USB-Adern, aber das macht es eher noch einfacher. Ansonsten sollte sich vieles aus dieser Anleitung übertragen lassen. Ob die 1,2V auf den USB-Datenleitungen immer noch stimmen kann ich allerdings nicht sagen. Vielleicht probiert es ein interessierter Micro-USB-Tab Besitzer einmal aus und gibt mir Rückmeldung ob es funktioniert hat?
Update 2:
Der Umbau der Micro-USB Dockingstation EE-D100 hat bei User Karsten einwandfrei funktioniert und unterscheidet sich nur minimal von meiner Variante mit dem 30-Pin Connector. Karsten war so nett und hat mir Bilder und eine kurze Beschreibung seines Umbaus der „EE-D100“ für sein Galaxy Tab 4 zur Verfügung gestellt. Ihr findet diese hier im Forum. Die Tab 3, 4, PRO und Note-Modelle sollten somit problemlos im Querformat an die Wand gehängt werden können. Was mir etwas Sorge bereitet, ist, dass Samsung mit der Modellreihe Tab S nun angefangen hat, die Micro-USB-Buchse auch beim 10″-Gerät seitlich und nicht mehr unten anzubringen. Ich hoffe diese Designänderung setzt sich nicht bei weiteren Modellreihen fort. Jetzt muss es Samsung nur noch fertig bringen, die USB-Buchse bei künftigen Geräten wieder an der Unterseite und nicht seitlich wie beim Galaxy Tab S unterzubringen und die Zukunft ist gesichert.